Leibniz: (m)ein Held ohne Ruhm

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 22. Januar 2024 um 12 Uhr 52 Minutenzum Post-Scriptum

 

Bevor wir heute auf diese ganz besondere Person im Zusammenhang mit dem Buch zu Fragen über die Herausforderungen in der Zeit nach der Digitalisierung kommen, hier zunächst eine rückschauende Zusammenstellung einiger Beiträgen, in denen sein ’Werk und Wirken’ bereits auf dieser digiralen Plattform eine Rolle gespielt hat.

> Transmediale Awards: wäre weniger mehr gewesen?

Die erste Erwähnung seines Namens geschieht in einem Beitrag vom 2. Februar 2005 und bezieht sich auf die massgeblich von Micky Kwella - gestorben am 7. Februar 2003 - mitverfasste Gründungserklärung der ersten transmediale anno 1988, damals noch als VideoFilmFest in der es u.a. heisst:

1666, Gottfried Leibniz published the book ’Dissertatio de arte combinatoria’. In this work he aimed to reduce all reasoning and discovery to a combination of basic elements such as numbers, letters, sounds and colours. He then invented the binary system, the foundation of the digital universe.

> Script wanted

Es folgen eine Reihe von Hinweisen auf weitere Veranstaltungen, und Quellen, die aber auch erschrecken lassen, da viele von diesen nicht mehr zugänglich sind, wie dieses Beispiel zeigt, in dem es um das Skript für eine Probevorlesung geht. Der damals zitierte Referenz-Link ist anno 2024 nicht mehr aktiv, aber das damals auf den eigenen Server geladene PDF-Dokument zum Thema: "Nutzung von Social Media und onlinebasierten Anwendungen in der Wissenschaft" ist bis heute noch über diese Seite einsehbar.

> † Arnold

In diesem Nachruf auf den verstorbenen Freund Arnold Picot vom 9. August 2017 ist - als eine der vielen Einrichtungen, die heute den Namen Leibniz im Namen tragen - der Hinweis auf die Leibniz Universität Hannover, wo er den den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Unternehmensführung und Organisation innehatte.

> AC / DC – Analoges Denken / Digitale Comics

Aus einem längeren Diskurs vom 28. Dezember 2018 diese Zeilen - unter Auslassung der Anmerkungen - hier als pars pro toto:

Im Gegensatz – und zugleich in Ergänzung – zu Goethes Faust geht es nicht mehr um die Bewältigung der Frage, was die Welt im Innersten zusammenhält. Es geht heute um die Bewältigung der Frage, was geschieht, wenn die Welt in Folge der Digitalisierung in ihrem Innersten auseinanderzubrechen droht. In Nullen und Einsen zu zersplittern. Sich damit als Entität gar aufzulösen?!

Wir haben in Deutschland Erfahrungen mit dieser Art der Problemstellung. An dieser Stelle als pars pro toto der Verweis auf einen der „Väter des Unendlichen“ Gottfried Wilhelm Leibniz. Er war es, der erstmals auf die Möglichkeit verwies, mit Dualzahlen rechnen zu können. Die Eins stand für ihn für das Göttliche, die Null für dessen Fehlen. Und beiden Identitäten haben für ihn einen identischen Wert gehabt. Ganz im Sinn des Faust: Ohne das „Böse“ sei es nicht möglich, das „Gute“ zu schaffen.

Kommen wir damit wieder zurück zu den unmittelbar vor uns liegenden Aufgaben: Für Leibniz war es noch undenkbar, dass es Maschinen geben könne, die „im menschlichen Sinne intelligent“ sein könnten. Noch weiter zugespitzt: Denken: Ja, aber Nachdenken: Nein.

> Was kommt nach der Digitalisierung?

In diesem Beitrag wird ein Buch besprochen, in dem erstmals in seinem Titel explizit diese Frage aufgeworfen wird und das u.a. wie folgt in der Sendung ’Lesart’ auf Deutschlandfunk Kultur vom 4. Mai 2019 kommentiert wird:

Er schreibt viel und interessant über den technologischen Fortschritt. Doch in seinem Wissenschaftsdialog scheinen weder die Nationale Akademie Leopoldina noch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, auch nicht die Forschungsgemeinschaften Max Planck, Helmholtz, Fraunhofer, Leibniz oder Alexander von Humboldt eine Rolle zu spielen.

> Die DLF-"Denkfabrik"-Themen 2020

Am Ende dieses Betrages vom 10. August 2019 wird auf einen eigenen Buchbeitrag im Zusammenhang einer von Mike Friedrichsen und Wulf Werig herausgegebenen Springer Gabler-Publikation hingewiesen, deren Titel lautet:

Leibniz, Labs & Leapfrogging
Prolegomena einer Pädagogik in postdigitalen Zeiten

Es folgt am 17. August 2019 der Online-Beitrag

> POTS - ISDN - IP... von Leibniz lernen

Jetzt haben wir schon sieben Punkte abgearbeitet, um uns bis hierhin dann doch an des "Pudels Kern" herangearbeitet zu haben. Und der lautet:

Die Zeit der Digitalisierung "in Reinkultur" ist vorbei.
Das bedeutet, auf der unmittelbaren Ebene:
 das ISDN wird von IP abgelöst und die ISDN-Dienste verlieren damit ihre spezifischen Qualitäten in einer sicheren und gesicherten Umgebung
 der Cyber-Krieg ist die Fortsetzung einer programmierten Vorteilserschleichung mit anderen Mitteln - und das schon heute
 das Internet ist kein Versprechen weltumspannender neuer Freiheiten mehr, sondern wird zum Inbegriff wachsender Enttäuschungen über deren Scheitern: durch die diesem vorgelagerte Täuschungen der NutzerInnen über die nur scheinbar kostenfreie Nutzung von Diensten und Daten

Die Zeit der Digitalisierung "in Reinkultur" ist vorbei.
Das bedeutet, auf der mittelbaren Ebene:
 die Geschichte als Erfahrungsraum zur Verortung zukünftigen Tuns verkommt zum use-case, zum Abziehbild für Klischees, in denen die Komplexität der Dialektik ersetzt wird durch digital inszenierte Behauptungen von Wirklichkeit.
 "Leibniz hat das Rechnen mit Dualzahlen erfunden und ist damit auch der Vater des Digitalzeitalters. [...] Die Konzepte von Leibniz sind die Grundlage der Computertechnik und Informatik." Aber wir wissen über die Quellen unserer eigenen Geistesgeschichte so wenig, wie Leibniz von den Errungenschaften eines Konrad Zuse hat wissen können.

> IFA NEXT - next IFA

Dieser Beitrag vom 11. September 2019 schliesst mit der Frage:

Wird es auf einer der nächsten IFA’s endlich wieder einen neuen Einstein geben - als Avatar von Leibniz’ Gnaden?

> VA - TMH : auf zur nächsten Runde

Hier geht es am 21. Dezember 2019 - im Zusammenhang einer - schon zweimal zuvor erfolglos eingereichten Bewerbung - um den zum Thema erhobenen Begriff der "Digitalen Ethik" :

Es gibt keine "Digitale Ethik", sondern die seit Gottfried Wilhelm Leibniz [1] diskutierte Herausforderung, in einer Welt voller "Rechenmaschinen" die Verantwortung für diese Welt immer wieder neu zu überprüfen - und zu leben.

Und bei allen Unterschieden, wie dies in den USA und in der BRD geschieht, gilt eines für die Menschen unserer Generation in gleichem Masse: Wir sind die erste Generation, die noch zu Lebzeiten für das, was sie mit der Digitalisierung zuwege gebracht hat, auch noch in der eigenen Lebenszeit zu verantworten hat: vor sich selbst, der Gesellschaft und den nachwachsenden Generationen.

Nicht die Ethik ist - oder wird - digital, sondern sie gilt es als Referenzsystem und als Kompass für diese neue Zeit neu zu entwerfen, zu formulieren und zur Anwendung zu bringen.

Die zu überprüfende These würde lauten: anstatt die bisherigen Vorstellungen von "Ethik" in eine digitalisierte Welt fortschreiben zu wollen, muss es gelingen, diese für die sich bei uns einschleichenden Zeit neu zu entdecken, zu hinterfragen und zu einer neuen Wirkung unter veränderten Parametern zu bringen.

> Transformation_Tod_& Wiederauferstehung des_Analogen

Hier wird am 20. Februar 2021 erstmals die Titel-Frage für das Buch erörtert und dazu u.a. im Punkt VII geschrieben:

Und so nähern wir uns immer mehr an "des Pudels Kern"- Goethes Faust arbeitet an einer Übersetzung des Johannesevangeliums und sucht nach einem aus seiner Sicht adäquaten Begriff für das Wort "λόγος", Logos. Ein Begriff, der sich ja in seinem vielfältigen Kontexten sehr unterschiedlich interpretieren / zur Anwendung bringen lässt, von der Logik bis hin zur Analogie. Bei Goethe entscheidet sich der Gelehrte und Meister bei der seiner Konnotationsdefinition aber nicht für "das Wort", den "Sinn" oder die "Kraft", sondern für "die Tat". Und danach: stellt er den ihm scheinbar nur zugelaufenen Pudel mit Zaubersprüchen zur Rede und erkennt hinter der Maske des Tieres... den Teufel.

Der Verweis auf des "Pudels Kern" und der mit diesem Begriff assoziierten Geisteswelt ist mehr als nur ein Cliffhänger - wenngleich er das sicherlich auch ist.
Er bezieht sich auf jene, die (den Autor mit einbezogen) in ihrer Lebens-Geschichte nicht wie gestern das Tier (Pferd) in eine Maschine (Auto) verwandelt haben, sondern im Hier und Jetzt das Analoge in das Digitale.

Der Verweis auf den exemplarisch bei Goethe vorgeführten Widerstreit von Wissenschaft und Magie, Aufklärung und Religion, von Neugier und Gier, ist so abseitig nicht, wie es zunächst den Anschein haben mag. Die Parameter für die Abtrennung des Göttlichen von dem Weltlichen wurden erstmals schon vor gut dreihundert Jahren von Leibniz in seinen dualen Systemkategorien definiert. Die "1" repräsentierte das Göttliche, die "O" das Nichts ("Omnibus ex nihilo ducendis sufficit unum") und zugleich in diesem Zeit-Raum, 1682, die Formel zur näherungsweisen Berechnung der Kreiszahl Pi: Und damit eine mathematische Formulierung der Unendlichkeit.

VIII.

Beider Namen sind heute grossen Institutionen geweiht, in denen die Rückblicke auf die Geschichte gekoppelt werden an die weltweite Erkundung der Frage nach der Zukunft in der Digitalen Welt. In den Goethe-Instituten [2] ebenso wie in den Instituten der Leibniz-Gemeinschaft [3]. In der Untersuchung und kritischen Analyse ihrer Ziele und Umsetzungsstrategien werden wir exemplarisch erkunden, wie dort die Frage nach der Transformation der analogen Welt in die digitale gestellt und beantwortet wird. Wie sich Technik-Kultur und Kultur-Technik aufeinander beziehen, sich durchdringen oder auch von neuem abgrenzen, ja ausgrenzen.

> Einladung zum Sommerfest

Dieser Beitrag vom 19. Juni 2023 wird eigentlich nur noch erwähnt, da an diesem Ende in einem P.S.-Vermerk diese Zeilen stehen:

Als die Hochschule noch an der Leibnizstrasse gelegen war, gab es viele - vielleicht sogar die Mehrheit - der Studierenden, denen dieser Name Gottfried Wilhelm Leibniz nichts sagte. Und dass dieser Mann einer der Vordenker einer binären Welt war, das war kaum jemandem geläufig.

Vielleicht sollte man diesen Menschen einfach mal einige von diesen YouTube-Beiträgen zur ’Lektüre’ vorschlagen:

Diese Dokumentation porträtiert den Philosophen, Mathematiker, Historiker, Diplomaten und Juristen Gottfried Leibniz. Dabei kommen unterschiedliche Personen zu Wort, deren Arbeit ohne Leibniz nicht denkbar wäre. Seine Entdeckungen bildeten unter anderem die Basis für die Erfindung des Internets.

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Der letzte Universalgelehrte - Leibniz und der harmonische Kosmos

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Wie Gottfried W. Leibniz die Welt sah